Anne Sauer – Road to Paris 2024

29.07.2022

Ihr wolltet schon immer einmal wissen, wie genau mein Leben als Profisportlerin aussieht und mit welchen Inhalten mein Alltag eigentlich so gefüllt ist?! Dann seid ihr hier genau richtig. Ich werde Euch in regelmäßigen Abschnitten immer mal wieder mit einem kleinen Blog darüber informieren, was bei mir gerade so abläuft, um Euch und damit vor allem auch meinen mittlerweile langjährigen Partner INOX-COLOR auf meine Reise mitzunehmen.

Wochenende des 1.Mai 2022. 

Der alljährliche Heimweltcup im Bundesstützpunkt Tauberbischofsheim - also direkt bei Euch um die Ecke. Mit Abschluss des Weltcups auf Platz 18 im Einzel konnte ich mich nach meinem Weltcupsieg von vor zwei Wochen in Belgrad unter die Top20 von über 190 Starterinnen aus der ganzen Welt vorkämpfen. Ein Ergebnis mit dem ich nicht ganz zufrieden bin, aber so ist das nun mal im Sport.

Am Abend geht es direkt wieder mit dem Auto zurück nach Bonn, wo ich mittlerweile seit zwei Jahren lebe und nun ausschließlich mit der Männernationalmannschaft am Bundesstützpunkt in Bonn trainiere. Einmal alles auspacken, waschen und zwei sehr große Taschen neu packen, denn direkt am nächsten Tag geht es weiter ins Trainingslager nach Singapur, das uns auf den Grand Prix in Seoul, Südkorea vorbereiten soll. Das Trainingslager in Singapur hat vor allem den Sinn, uns dort zu akklimatisieren. Das bedeutet zum einen, dass wir uns an den Zeitunterschied von sieben Stunden gewöhnen müssen, was bis zu einer Woche dauern kann und zum anderen auch an das besonders feuchte Klima. Denn eine solche Reise, also einen circa dreizehnstündigen Flug und die Zeitverschiebung spürt man beim Training in den ersten Tagen dann doch noch deutlich.

Bei einem solch längeren Aufenthalt hat man dann natürlich auch ein wenig Zeit die Stadt zu erkunden, dass bei den meisten Weltcups, die in Europa stattfinden, leider nicht der Fall ist. In Trainingslagern wie Singapur trainieren wir zu Beginn noch zweimal am Tag. Dabei besteht die eine Einheit am Morgen aus athletischen und technischen Einheiten. Zum Beispiel also Intervallläufe, Krafttraining und Einzeltraining mit technischen Fechteinheiten. Danach dann erst einmal essen einen kleinen Mittagsschlaf einlegen und physiotherapeutische Behandlungen wahrnehmen. Am Abend finden dann die Fechteinheiten statt, das man mit dem Sparring beim Boxen vergleichen kann. Man ficht dann meistens gegen fünf bis sechs verschiedene Gegner.

Nach ein wenig mehr als einer Woche steht dann also wieder Koffer packen an, denn es geht weiter nach Südkorea. Noch einmal ein kleiner Flug von sechs Stunden, noch einmal einchecken, PCR-Test und auf das Ergebnis warten. Nach Eingang des negativen Ergebnisses geht es in die Wettkampfhalle. Dort macht man sich erst einmal mit den Begebenheiten vertraut, ähnlich wie Fußballer eine kleine Platzbegehung vorm Spiel machen. Daran anschließend steht eine kleine Einheit an, bei der man wieder versucht den Flug aus den Beinen zu bekommen.

In der Woche vorm Wettkampf wird dann die Intensität der Trainingseinheiten langsam zurückgeschraubt. Hier absolviere ich dann meine letzte Fechteinheit am Donnerstag. Die Tage bis zum Wettkampf verbringe ich damit noch ein paar Aktivierungseinheiten mit kleinen Sprints und Sprüngen zu absolvieren, physiotherapeutische Behandlung wahrzunehmen und südkoreanische Spezialitäten, wie „Korean Barbeque“ und Fischsuppe zu probieren.

Am Abend vor dem Wettkampf erfahre ich dann, gegen welche Gegnerin ich am Sonntagmorgen antreten werde und bereite mich dann noch mit einer kleinen Videoanalyse und Aufzeichnungen von älteren Gefechten vor. Am Morgen des Wettkampfs begibt man sich circa zweieinhalb Stunden vor Beginn des Gefechts in die Halle. Dort taped man sich Finger und Füße, mobilisiert sich, lässt sich gegebenenfalls noch behandeln und beginnt mit der allgemeinen Aufwärmung und danach mit dem Einfechten gegen Teamkameradinnen.

In Seoul konnte ich mich gegen meine ersten beiden Gegnerinnen souverän 15:9 und 15:10 durchsetzen, bevor ich auf die Weltranglistendritte Chen aus China traf. Zu Beginn lag ich mit 7:1 hoch zurück, konnte dann das Gefecht aber noch drehen und wiederum deutlich mit 15:9 für mich entscheiden. Damit stand ich unter den letzten acht Fechterinnen. Im Fechten wird immer mit KO-System gefochten, was bedeutet, dass man bei einer Niederlage sofort aus dem Wettkampf ausgeschieden ist. Hart oder? Finde ich auch manchmal ;-)

Zurück zu meinem Wettkampf. Im Gefecht um den Einzug ins Halbfinale und damit um eine Medaille stehe ich einer Amerikanerin gegenüber, die wie ich hart um diese Medaille kämpft. Am Ende steht es 14:14 und es geht um ALLES. Ich schaffe es den letzten Treffer zu machen, der dann noch per Videocall durch die Kampfrichter überprüft wird. Aber alles gut. Er wird für mich entschieden und ich stehe zum zweiten Mal in dieser Saison unter den vier besten Fechterinnen des Weltcupzirkus. Nach einer langen Pause geht es dann ins Halbfinale, in dem ich mich der amtierenden Olympiasiegerin aus den USA mit 15:6 deutlich geschlagen geben. Trotz dieser hohen Niederlage bin ich sehr zufrieden mit meiner Leistung in Südkorea.

Nach der Siegerehrung geht es mit dem Shuttle zurück ins Hotel, die nassen Fechtklamotten aufhängen, ein letztes Korean Barbeque einnehmen und danach versuchen ein paar Stunden Schlaf zu bekommen, bevor es am nächsten Morgen direkt zum Flughafen geht und damit zurück nach Deutschland. Nach zwei bis drei Tagen Erholung zuhause geht es direkt weiter mit dem Training. Denn der nächste Wettkampf steht direkt vor der Tür. Die Qualifikation für die Deutschen Meisterschaften. Auch die bringe ich souverän hinter mich und damit beginnt nun die heiße Phase der Saison. Die Vorbereitung auf die Wettkampfhöhepunkte: Die Europameisterschaft in Antalya, Türkei und die Weltmeisterschaft in Kairo, Ägypten.

Also voller Fokus und volle Kraft voraus!
 

Bis zum nächsten Update!

Eure Anne